Leadership | Transformation | 25.09.2021

Die neue Führungskultur in der Transformation

Fachkräftemangel, New Work, technologischer Wandel – all das sind aktuelle kritische Themen. Signifikantes Umsatzwachstum gehört ebenso dazu wie die Erfüllung der Zufriedenheit von Mitarbeitern und Kunden. Forderungen, denen sich Führungskräfte nicht verschließen können und dürfen. Transformation ist nicht allein digital zu bewältigen, es ist eine Frage der Haltung, der Kultur. Mitentscheidend über Erfolg oder Misserfolg der Veränderung ist die Art der Führung. Neu ist dabei das Spektrum, die Vielfältigkeit, die Differenziertheit der Führung und die erforderliche Flexibilität im Wechsel der einsetzbaren Führungselemente.

Changemanagement allein reicht schon lange nicht mehr

Viele der aktuellen Herausforderungen lassen sich mit klassischen Verbesserungsprozessen, mit mehr Fleiß und positiver Einstellung nicht mehr bewältigen.

Früher hat es gereicht, einen Change Prozess mit den Beteiligten zu starten, dass Wissen in der Organisation zu bündeln und die Reibungsverluste abzubauen. Doch die aktuellen Themen betreffen jeden Bereich des Unternehmens und verändern meistens mehr als nur Abläufe. Eine Führungskraft hat heute die Balance herzustellen zwischen produktiver Stabilität und agiler Anpassungsfähigkeit. Veränderungen sind also auch in der Führungsarbeit gefordert. Die Einführung einer modernen Führungskultur ist also längst keine Frage mehr von “ob” sondern von “wann”

Die Lösung: Der moderne Führungsansatz – die Mischung macht‘s

Mein Ansatz, um den vielschichtigen Forderungen nachzukommen, ist die Integrative Führung. Der integrative Führungsstil basiert auf der Verbindung von vier unterschiedlichen Führungsstilen (s. Abbildung rechts).

Zwei der vier Führungsstile beinhalten Führungsaspekte und sind beziehungsorientiert. Sie setzen den Fokus auf Feedback, Teambildung, Stärkung der intrinsischen Motivation und Konfliktmanagement. In diesem Zusammenhang bedeutet Transformation, den Menschen Orientierung zu geben und Vorbild zu sein (Top down).

  1. Die Transformationale Führung hat eine Zukunftsvision. Die Führungskraft ist die Leitfigur und gibt den Mitarbeitern eine wertebasierte Orientierung. Neuausrichtung und Neugewichtung der Unternehmens-Schwerpunkte brauchen visionäres, innovatives Denken.
  2. Die Fachliche Führung stellt den Unterschied im Markt her. Der Fokus liegt auf Stärken orientiertem Einsatz der Mitarbeiter, um deren größtmögliches Potenzial zu entfalten. Zudem verstärkt diese Art der Führung die Auseinandersetzung mit frischen Mitarbeitern, die neues Wissen und neue Fertigkeiten ins Unternehmen bringen. Die Balance von Innovation und Erfahrung, von Neu zu Alt bestimmt die Wettbewerbsfähigkeit.

Die anderen zwei Führungsstile beinhalten Managementaspekte und sind sachorientiert. Sie setzen den Fokus auf Organisation, Einhaltung einer Ordnung, Konstanz und Stabilität. Die Arbeit am Fundament bedeutet Leistungs- und Serviceerbringung und Erhalten der gewinnbringenden Standards. (Bottom up).

3. Die Transaktionale Führung sichert die Abläufe und strukturellen Veränderungen. Die Führungskraft sichtet, delegiert und bewertet die Aufgaben, setzt zeitliche Ziele, betreibt Projektmanagement.

4. Die Bestimmende Führung beschreibt die charismatische Führungskraft, die in kritischen Situationen die Dinge in die Hand nimmt und richtungsweisende Entscheidungen trifft. Managen im Chaos braucht keine fachliche Tiefe. Aufgabenorientierte, sachliche Skills zur Krisenintervention sind gefordert.

Die Mischung macht‘s. Die Integrative Führung bildet jeden dieser Führungsbereiche ab. Die Gewichtung variiert je nach Problemstellung in der alltäglichen Praxis. Der Fokus liegt nicht auf der Bildung eines Strategieteams, sondern auf der Bildung eines flexiblen Führungsverständnisses. Der Erfolg des führungsbasierten Change entsteht durch zeitnahes, situationsgerechtes Handeln. Denn Veränderung findet im Tagesgeschäft statt und müssen schnellstens auf ihre Praxistauglichkeit getestet werden. Die Aufgabe der Führung ist dabei, jede Art von Herausforderung zu stabilisieren.

Mögliche Herausforderungen in der Praxis

Prof. Grint (in Anlehnung an die Arbeit von Thompsons „Messy“-Lösungen) entwickelte die Idee von kritischen, zahmen (tame) und verzwickten (wicked) Herausforderungen an die Führungskraft. Folgende Beispiele zeigen auf, mit welchem Führungsstil die Herausforderungen möglicherweise gelöst werden können.

„Tame Categorical“ sind die immer wiederkehrenden Fragen zur Reisekostenabrechnung oder dem Ausbalancieren der Urlaubsplanung in einem Team. Da ist man in der Transaktionalen Führung gefordert, die Regeln zu erläutern und auf deren Einhaltung zu bestehen.

„Tame Analytical“ braucht die tiefe Expertise am richtigen Ort zur richtigen Zeit und die Empfehlung von Fachleuten z.B. bei der Wartung von Verkehrsflugzeug, d.h. Demontage und Montage – gefragt ist hier die Fachliche Führung mit der Wertschätzung für Professionalität und Expertise, um die dispositiven Abhängigkeiten zu klären.

Bei „verzwickten Herausforderungen“ geht es um komplexe und dynamische Herausforderungen. Wie bei der Corona-Krise und den Maßnahmen: Egal was Sie tun, irgendjemand ist immer unglücklich. Mit der Transformationalen Führung zeigt man Trends und eine zukünftige Ordnung auf, erläutert strategische Entscheidungen und macht durch die eigene Vorbildfunktion deutlich was an Verhaltens-Änderungen erwartet wird.

Eine „Kritische Herausforderung“ kann ein brennendes Bürogebäude sein. In diesem Fall würde niemand einen Arbeitskreis zur Lösung des Problems gründen. Da wird schnell und bestimmend gehandelt, auf klare Anweisungen und auf widerspruchslose Aufgabenverteilung bestanden. Als Führungskraft steht die Richtigkeit der Entscheidungen in der Bestimmenden Führung hinten an und kann in der Rückschau reflektiert werden.

Für die Erarbeitung pragmatischer Lösungen wird die „Integrative Führung“ benötigt, die die unterschiedlichen Schwerpunkte der Führungsarbeit zusammenbringt.
Aber: es gibt nicht DIE perfekte Führungskraft, die alles beherrscht. Integrative Führung bedeutet also nicht, dass eine Führungskraft alle Führungsstile perfekt bedienen kann. Die richtige Strategie sind Führungskräfte, die sich in ihrer Arbeit ergänzen. Bedingung dabei ist, dass die einzelne Führungskraft das Verständnis für alle Stile hat. Sie braucht das Bewusstsein für alle vier Bereiche und die Motivation, alle auszufüllen, damit Ergänzung funktionieren kann. Die Einsicht, nicht alles allein zu meistern, gepaart mit einem selbstkritischen Umgang nach der Forderung einer perfekten Führung ist eine gute Voraussetzung zur „integrativen“ Zusammenarbeit mit anderen Führungskräften. Es gilt, die „Silo-Schwerpunkte“ für eine unternehmensweite Lösung auszubalancieren und eine Transformations-Koalition zu bilden. Die Ergänzung der Skills durch unterschiedliche Personen steht dabei im Vordergrund. Zudem ist die Forderung nach verstärktem und innovativem Wachstum eine übergreifende Herausforderung. Es geht dabei nicht mehr ausschließlich ums Geld und um Maximierung von Absatz und Gewinnen. Vielmehr ist es die Arbeitskraft an sich, das Individuum und das Miteinander als Erfolgsfaktoren, auf die sich ein Unternehmen fokussieren sollte.

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